Die
SPD feiert sich und ihr hochbetagtes Alter. Merkel und Gauck
applaudieren, die Presse lobhudelt uniförmig. Alle zusammen singen, daß
sie overcomen shallen und vergessen ach so gerne, was die Partei alles
so an dunklen Flecken am Revers hat.
Wenn
sie schreiten Seit' an Seit' , die Merkel und der Gabriel, der Gauck
und der Schröder, der Trittin und der Steinbrück, dann ist es Gewißheit,
daß die Reichen und Schönen, die Banker und Aktionäre, die
Waffenlieferanten und die Atom-Chemie-Stahl- und sonstige Industrie
sich noch sehr lange in Sicherheit wiegen können.
Eine
Partei, nämlich, die, die ihren Namen nie ändern mußte, weil sie für
ihren Opportunismus und ihre Beliebigkeit immer unter der gleichen
Flagge segeln konnte, steht spätestens seit 1914 für die
Entsolidarisierung der Arbeiterklasse, hat sich spätestens da auf die
Seite der Herrschenden geschlagen und ist wesentlich für den Ausbruch
des ersten Weltkrieges mitverantwortlich, denn ohne die Bewilligung der
vom Kaiser Wilhelm zum Anzetteln des Weltkrieges benötigten
Kriegskredite durch die Sozis hätte es dieser deutlich schwerer gehabt,
die Welt Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ins Elend zu stürzen. Aus
den sozialdemokratischen Pazifisten, die führend in der sozialistischen
Internationale waren und nicht nur deshalb als "vaterlandslose Gesellen"
beschimpft wurden, wurden über Nacht den Kaiserstaat mittragende
Mitmarschierer, die Ehre der ehrlosen Sozialdemokraten hielten lediglich
Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hoch.
In
den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts verhinderte die
revisionistische Parteiführung zusammen mit der stalinistichen Führung
der KPD ein koordiniertes Vorgehen gegen die aufkommenden
Nationalsozialisten. Und so marschierten sie getrennt und wurden vereint
geschlagen, landeten gemeinsam im Exil, in den Konzentrationslagern
oder verstummten gänzlich.
Kaum
waren die Sozialdemokraten unter Schumacher wieder in den fünfziger
Jahren auf den Beinen, godesbergten sie sich aus dem letzen klaren
marxistischen Denken heraus in die bourgoise Mitte der Adenauer-Ära.
Bereits 1956 wurden die kaum aus den Gefängnissen entlassenen
Kommunisten wieder verboten und verfolgt. Und die Sozis, die nie wieder
Krieg und nie wieder Faschimus wollten, stimmten für die
Wiederbewaffnung und für die Notstandsgesetze.
1969
brandtete die SPD zum Wahlerfolg und wurde sozialliberal. Künstler und
Schriftsteller, Studenten und einfache Leute wählten Willi. Und dieser
kündigte an, "mehr Demokratie wagen" zu wollen. Ein ganz konkreter
Schritt dazu war dann wohl, mit dem Radikalenerlass vor allem jede Menge
Lehrer nicht in den Schuldienst zu lassen und andere mit Berufsverbot
zu bannen. Der fast unbeschränkte Schnüffelstaat war das ganz konkrete
Ergebnis des Demokratiewagens.
Und
dann kam der Nato-Doppelbeschluss und der Kanzler Schmidt, der damit
die Entspannungspolitik von Willi Brandt konterkarierte und dafür
sorgte, daß Ost und West mit atomarem Waffenstarren begannen. Nicht
verschweigen will ich, daß viele an der Basis der SPD sicher Teil der
Friedensbewegung waren, aber mehrheitlich stellte sich die
Funktionärsgarde der "alten Tante" hinter den Schmidt und "zog mit ihm in die neue Zeit" der Konfrontation.
Rot-Grün
Ende des letzten Jahrhunderts schließlich entwarf die Agenda 2010, von
der die Grünen heute so tun, als wären sie nicht dabei gewesen und die
SPD sagt, "sie sei stolz" darauf. Stolz auf die Verarmung
eines Teils der Bevölkerung, stolz auf massenweise Tagelöhnerei und
Billigjobs: Ausbeutung pur.
Wer
so Typen wie den Egon Bahr diese Woche im "heute-journal" gesehen hat,
der weder willens noch in der Lage war (er wirkte geistig schon recht
tatterig), ansatzweis-kritische Fragen von Marietta Slomka zu
beantworten, wer den Raffzahn Steinbrück sieht, der - einem
Neanderthaler ähnlich - seine Steinzeitkeule schwingt und vor Arroganz
und Selbstzufriedenheit, aber auch vor Selbstüberschätzung nur so
strotzt und wer dann die ganze Meute der staatstragenden Funktionäre in
der ersten Reihe applaudieren sieht, wenn der Gabriel den
150-Jahre-Grüßaugust gibt, ohne auch nur ein Sterbenswörtchen kritischer
Nachdenklichkeit, der kann nur mit Brecht -leicht abgewandelt - sagen:
Vorwärts und vergessen!
oder Tucholsky Worte zur SPD zitieren:
"Hier können Familien Kaffee kochen"
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