21.07.2010

Liebe, Last und Luder

Rücktritte können romantisch sein, von einer großen Last befreien oder erzwungen werden. In diesem Beitrag werden einige spektakuläre Rücktritte vorgestellt, die mich besonders beeindruckt und geprägt haben:

Am 20.Januar 1936 bestieg Edward VIII den englischen Thron. Er war mit der mehrfach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson liiert und wollte diese heiraten. Diese nicht standesgemäße Affäre führte in England zu großer Aufregung. Typischerweise erfuhr die ganze Welt über die Affäre, die britische Presse allerdings verlor dazu keinWort.

Winston Churchill erinnert sich:

"In diesem Augenblick ließ der leidenschaftliche Wunsch des Königs, die von ihm geliebte Frau zu heiraten, alles andere in den Hintergrund treten. Die Abdankungskrise setzte ein". ( aus WC's Memoiren)

Am 11. Dezember 1936 schließlich hörte die ganze Welt Edwards bewegende Rücktrittsrede per Radio:

"Sie müssen mir glauben, daß ich es als nicht möglich empfinde, die schwere Bürde der Verantwortung und meine Pflichten als König ohne die Hilfe und Unterstützung durch die Frau, die ich liebe, zu tragen.

Und Sie alle sollen wissen, daß diese Entscheidung meine ist, meine ganz allein...Die andere Person, die es am meisten betrifft, hat bis zum Schluß versucht, mich davon abzubringen..."

Edward heiratete dann als "Duke of Windsor" am 3.Juni 1937 die Liebe seine Lebens und starb 1972. Wallis Simpson setzte nie wieder einen Fuß auf britischen Boden und starb 1986. Nach seinem Bruder, George V., bestieg die heutige Queen Elisabeth den Thron und verhindert seitdem den Antritt ihres Sohnes Charles, der nunmehr auch schon 62 Jahre alt ist...

Das nenne ich wahre Liebe, Größe und einen romantischen Rücktritt.

Ganz anders habe ich den Rücktritt von Willy Brandt erlebt. In seinem handgeschriebenen Rücktrittschreiben erklärt er: am 6.Mai 1974, daß er die Verantwortung für "Fahrlässigkeiten" im Zuge der Spionageaffäre Guillaume übernehmen würde. - Ein Kanzler dürfe "nicht erpressbar" sein.

Tatsächlich stolperte Brandt wohl weniger über den Ostspion denn mehr über Herbert Wehner, dem die lockere Lebensweise von Willy nie ganz geheuer war und die Frauenaffären und den Alkoholkonsum von Brandt mit den Worten quittierte: "Der Herr badet gerne lau".

Mit Brandt ging auch die letzte Aufbruchstimmung des "mehr Demokratie wagens" dahin, die aber auch schon schwere Dellen durch den Radikalenerlaß und die Berufsverbote erhalten hatte.

Schließlich Winnie Mandela. 1957 heiratete sie Nelson Mandela und wurde ab 1976 zur Symbolfigur für die Proteste der Jugend in Soweto gegen die Apartheid. In ihrem Buch "Ein Stück meiner Seele ging mit ihm" schildert sie die Zeit ohne Nelson. Als sie 1990 Hand in Hand mit ihm durch das Gefängnistor schritt, stand sie schon - geprägt durch die alltägliche Gewalt in Südafrika - unter Anklage, daß mit ihrem Wissen ein 14-jähriger Junge ermordet worden sei. Die "Mutter der Nation" unterhielt eine als Fußballclub getarnte Leibwache, die offen gegen vermeintliche Spitzel und Anderdenkende losging.

Nelson hielt zunächst zu ihr, 1992 allerdings erfolgte die Trennung. Dem privaten Rücktritt folgten dann Schritt für Schritt auch die Aufgabe ihrer Ämter als stellvertretende Kulturministerin und als Vorsitzende der ANC-Frauenunion.

Huete gebärdet sie sich als echtes Luder: Der Name "Mandela" hänge ihr "wie ein Mühlstein" um den Hals. Im "London Evening Standard" beschuldigt sie Nelson, "die Schwarzen im Stich gelassen zu haben".

Rücktritt ist also nicht gleich Rücktritt. Während der eine Krone zurückgibt, fällt dem Anderen eine Last von der Seele. Andere werden zurückgetreten und karten ihr ganzes Leben dann nach.

Ich selbst trete immer gerne zurück, meine Partnerin anschauend, die ich liebe. Diesen Rücktritt leiste ich mir täglich, denn er führt dazu, daß ich sofort wieder vortrete, um sie in den Arm zu nehmen.

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