01.04.2010

Sektenfieber? - Kalter Kaffee!

Bis nichts mehr bleibt" - der mit großem Medienspektakel ausgestrahlte ARD-Spielfilm zu Scientology enttäuschte auf der ganzen Linie. Der Versuch, die Sekte zu dämonisieren auch.


Ein schwacher Plot, mäßige bis schlechte Schauspieler und 8,69 Millionen Zuschauer, die keine neuen Enthüllungen zu sehen bekamen:

Junges Paar gerät in die Hände einer Sekte, wird ausgenommen und schließlich trennt man sich. Der Aussteiger wird unter Druck gesetzt, um das  gemeinsame Kind wird gestritten, ein guter und ein böser Anwalt sind noch mit von der Partie und auch die Oma und der Opa dürfen nicht fehlen.
Am Ende schaut der Aussteiger dumm in die Röhre und die Mama behält ihr Kind und darf weiter ihrem Aberglauben frönen.

Wenn das nun Scientology vom Feinsten war, dann müssen künftig die Zeugen Jehovas ebenso wie die Neuapostolen, diverse andere evangelische Freikirchen sowie die katholische und evangelische Kirche unter Verfassungschutzbeobachtung gestellt werden.

Wie im anschließenden Plasberg-Talk  Pfarrer Fliege völlig zu Recht argumentierte, werden die Methoden, Kinder und Jugendliche an sich zu binden (Abenteuerpädagogik, Vertrauensspiele etc.) überall angewandt. Ob in der Jungschar, in der Pfadfinderkluft oder in irgenwelchen links-oder rechtsdrehenden  politischen Jugendverbänden.  Hauptsache ist dabei, die  Augen schließen zu können, Geborgenheit zu erfahren, sich  beschützt und aufgehoben zu fühlen und Gemeinsamkeit zu erleben.

Und die Sache mit der ständigen Wiederholung von Fragen, der Eintrichterung von  Glaubensbekenntnissen (in diesem Fall von L. Ron Hubbard):  Jeder Konfirmant bekommt das "apostolische Glaubensbekenntis" im zarten Alter von 14 Jahren ein Jahr lang eingebläut und sollte es - ginge es nach der evangelischen Kirche - sein Leben lang nicht mehr vergessen.

Während die Scientologen Aussteiger und Zweifler befragen (auditieren), hat die katholische Kirche die Beichte.  Zu empfehlen ist hier die Seite: www.beichte.de - Online mit Jesus.  Da wird nach Vorsatz und wirklicher Reue gefragt, und die Karl-Leisner-Jugend weiß auf ihrer website zu berichten:
"auf Weltjugendtagen, Night-Fever-Nächten, Prayerfestivals und auf Wallfahrten zeichnet sich eine bemerkenswerte Trendwende ab: Menschen - vor allem Jugendliche - stehen stundenlang Schlange, um zu beichten. "

Wie unschwer zu erkennen ist, fischen auch die großen Kirchen mit auf Jugendliche zugeschnittenen "Night-fever-Nächten" (Nachtfiebernacht, so ein nonsense!) nach neuen Gläubigen, Kirchensteuerzahlern und Spendern.

Sollte der ARD-Abend dazu dienen, die Zuschauer vor der perfiden Church-of-Scientology zu warnen und sie auf deren ausgefeilte Anwerbestrategie vorzubereiten, so ging der Schuß vollends nach hinten los, als bei "Hart, aber fair" nicht nur ein ach so menschlich anmutender Scientology-Titan (so bezeichnen sich die Sektierer selbst) auftrat, sondern ein halblebiger Aussteiger, der wohl nur ausstieg, weil er durch das ständige Auditing und Clearing seinen Krebs nicht loswurde, auch nichts Erhellendes zum Schreckensbild beitragen konnte.- Außer daß die Dianetiker gut bis sehr gut im Geldabzocken sind.
Souverän einzig die Sekten-Expertin Sabine Riede, die klar und  sachlich fundiert den Aussagen des Sekten-Gurus Stettler widersprach.

Alles in allem bot aber Plasbergs Talk vor allem ein Forum für Scientology selbst, die, sollte man es bisher noch nicht gewußt haben, so dämonisch oder schrullig sind wie die Zeugen Jehovas, die keine Geburtstage und andere Familienfeste feiern dürfen und zum Verkauf des "Wachturms" an allen Straßenecken der Welt gezwungen werden, weil Ihnen sonst die ewige Verdammnis droht.

Es ist halt eine allzu amerikanische Möchtegern-Kirche, die auf der Basis des klassischen Kapitalismus (ausbeuten, Mehrwert abschöpfen, reich und mächtig werden) sowohl Erfolg suchende Männer wie auch nach Perfektion suchende Frauen in etwa zu gleichen Teilen anspricht.

Nichts Neues, alles kalter Kaffee.

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