05.10.2010

Es gab definitiv einen Punkt während der Steinigung, wo wir alle dachten: Ist das nicht seltsam?

Von  Danush Zanjani
Executioner, Iranian Supreme Court
September 28, 2010



Nun, es ist vollbracht! Es war harte Arbeit, aber wir haben die Bestrafung dieser Frau, die sie selbst verschuldet hat, durchgeführt und die Tage, an denen sie Schande über unsere Republik gebracht hat, sind vorbei. Eine weitere Ehebrecherin hat Stein für Stein gelernt, daß Verbrechen gegen Gott nicht unbeantwortet bleiben.
  • Jawohl, das war wieder mal ein guter Job.
 
  Komischerweise, denn trotzdem - da gab es wirklich den Punkt, nachdem wir einige Minuten Steine auf ihren Kopf geworfen hatten, da könnte ich schwören daß wir alle innehielten, die ganze Situation erwogen und dachten: "Wart  mal - ist das nicht ein bißchen seltsam?"


Sie wissen schon -  das was wir mit dieser Frau da anstellten: War es nicht irgendwie doch merkwürdig?
Es begann wirklich routiniert. Wir fesselten ihre Hände, wickelten sie in weißes Sacktuch, begruben sie bis über ihre Brüste in einem Loch, die übliche Vorgehensweise halt.  Ich nahm einen Stein von der Größe einer Kiwi, der wirklich perfekt war, weil uns das iranische Gesetz zwingend vorschreibt Steine zu werfen, die Schaden verursachen, aber nicht so große Steine, daß die Verurteilten zu schnell sterben.


Aber dann plötzlich - und ich kann nicht mehr genau sagen warum - fragte ich mich ob es nicht ein winziges bißchen zu sonderbar war, einen Steinbrocken mit meiner ganzen Kraft auf den Kopf einer Frau zu werfen, die sich nicht verteidigen konnte, obwohl sie es ganz klar verdiente.


Es war nicht nur ich. -  Javed, der dort draußen immer einer der übereifrigsten Jungs war, suchte eine Sekunde lang Augenkontakt mit mir als wenn er sagen wollte: "Tun wir das jetzt gerade wirklich? Mit dieser Frau?"


Wenn ich darüber nachdenke: Einige der Jungs benahmen sich, ich weiß nicht wie ichs sagen soll, ein wenig seltsam. Behrouz schien zu zögern - er murmelte irgendwas, daß er etwas Zeit brauche und beugte sich vor, um so zu tun, als binde er sich seine Schuhe, die aber gut zugeschnürt waren.


Und zur selben Zeit nestelte Farzad in seinen Uniformtaschen und gab vor, seine Schlüssel oder sonstwas zu suchen, aber es war klar, daß er über das Gleiche wie der Rest von uns nachdachte.
Bizzar, nicht wahr?


Ich würde heute wetten- wenn wir alle heute neben uns treten könnten und uns selbst zusehen könnten- daß  wir  so was gesagt hätten wie: " Warum sind diese Jungs so abgestumpft, daß sie eine Frau langsam töten, die als Ehebrecherin angeklagt ist? Ich frage mich was das alles soll!"


In diesen paar Sekunden glaubten wir alle, daß wir, wenn wir nur lang genug zögerten, sie die Exekution hätten stoppen müssen, und vielleicht wäre das nicht das Schlechteste gewesen... Macht das Sinn?
Verstehen Sie mich nicht falsch, der Fall war klar: Vier männliche Zeugen schworen, die Frau bei ihrem abscheulichen Seitensprung beobachtet zu haben. Während sie behauptete, die vier Zeugen seien ihre Vergewaltiger, war es andererseits völlig klar, daß sie sexuellen Kontakt außerhalb ihrer Ehe hatte.

Doch ich muß gestehen, die ganze Sache hatte einen faden Beigeschmack. Es mußte getan werden, keine Frage, aber der fade Beigeschmack blieb.


In Übereinstimmung mit dem iranischen Gesetz warfen die vier Zeugen die ersten Steine. Die Ehebrecherin war bis dahin recht ruhig geblieben, aber als der erste Stein ihre Schulter traf begann sie zu schreien, und als Blut über ihr weißes Tuch sickerte begann ich zu ahnen, daß das ganze Ding irgendwie - nun, ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll- aber, so im Nachhinein...


Was wirklich eigenartig ist, denn wir sind schon seit Jahrtausenden hier zivilisiert.  Der Iran heute ist ein modernes, gebildetes Land. Das ist schon ein wenig seltsam, wenn man mal darüber nachdenkt, oder?
Oder???


Egal - als ein Stein die Frau voll auf ihren Nasenrücken traf stellte ich mir plötzlich, ich kanns nicht erklären warum, vor, wie sich das wohl anfühlte. Wie würde es sich wohl anfühlen  wenn Du weißt, daß weitere Steine folgen werden, aber Du weißt nicht woher, und Du weißt, daß der Aufprall eines dieser Steine das Letzte ist was Du fühlst bevor Du in den endgültig Dreck Deines Sacktuchs versinkst?


Sie hatte nach fünfundvierzig Minuten Steinigung immer noch einen Puls,  und wir mußten sie weitere zwanzig Minuten bewerfen, ehe sie starb. Ich drehte mich zu den anderen Männern um, aber wir vermieden jeden Augenkontakt. Es war so, als ob wir etwas Falsches getan hätten und es nicht wahr haben wollten. Jeder schien irgendwie benommen zu sein. So, als ob wir auch ein bißchen gestorben wären.


Egal, es war eines dieser eigenartigen Dinge. Ziemlich verrückt, nicht wahr?


Das Original erschien in The Onion: There Was Definitely A Point During That Stoning Where We All Thought, 'Is This Weird?'

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