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08.08.2010

Bibi Aisha, Afghanistan und linke Politik

In dem interessanten Beitrag: "Burka und Bikinis" wurde - ähnlich wie in der Diskussion zu meinem Beitrag die Schlichtheit und Einfalt bemängelt, mit der sich viele Menschen durch "Einzelschicksale" von der korrekten linken Linie abbringen lassen und - so wird unterstellt- weiterhin die westlichen Truppen in Afghanistan behalten wollen, um die Frauen- (Menschen)rechte dort einzuführen oder zu retten.

Es ist nicht nur legitim, sondern unerläßlich, über Bibi Aisha zu berichten.

Zeigt es doch, wie es afghanischen Frauen in diesem Land geht.Und nicht nur dort.

Da ist es auch mehr wie zynisch, wenn die Taliban auf ihrer offiziellen website verkünden, daß sie "es" nicht waren und gleichzeitig ankündigen, daß, sollten sie des Täters habhaft werden, diesem auch Nase und Ohren abschneiden würden.

Politisch gesehen zeigt dieser Vorfall wie viele andere, daß dieses Land in den Händen von Drogenhändlern, Warlords, Frauenhassern und religiösen Eiferern ist.

Eine mögliche Antwort ist darauf, daß sich im Land selbst endlich die Machtverhältnisse ändern müssen und sich eine faire und soziale Gesellschaft etabliert.

Solange westliches Militär aber die oben genannten Machthaber unterstützt, werden die Taliban weiterhin Oberwasser haben und wir werden noch öfter verstümmelte und tote Opfer sehen müssen.

* Und ja, das verstehe ich unter linker Politik:

Sie fragt nach den Befindlichkeiten der einfachen Menschen und opfert diese nicht zugunsten einer größeren Sache.

Wenn nicht mit Menschen und unveräußerlichen Menschenrechten, mit was dann soll sich denn linke Politik begründen?

Stattdessen richtet sich die linke Diskussion an Ausstiegsszenarien aus, die sich immer dann beschleunigen, wenn - wie jetzt wieder - etliche Opfer aus Europa zu beklagen sind.

Man kann militärisch aus Afghanistan aussteigen, keine Frage. Je früher, desto besser.

Aber einen Ausstieg aus der Menschenrechtsfrage gibt es nicht. Und in diesem Zusammnehang vom "Selbstbestimmungsrecht der Völker" zu schwafeln und damit, daß "halt jedes Volk die Machthaber bekommt, die es verdient", ist billig. Viel zu billig.

Warlords und Drogenhändler gibt es dort, weil hier große Teile der Bevölkerung der westlichen Hemisphäre auf Drogen sind und weil hier hemmungslos Energie verbraucht wird, die via Pipeline durch Mittelasien beschafft wird.

Und weil hier Energiekonzerne, Waffenproduzenten, Pharmakonzerne und Mafiosi aller Art sich dumm und dipplig an diesen Nachfragen verdienen.

Es liegt an uns, wie lange wir uns Bilder von Aisha (Afghanistan) und Sakineh (Iran) und ihren Leidensgenoss(inn)en anschauen müssen.

Deshalb: Uneingeschränkte Solidarität mit den Opfern weltweit.

Und weiterhin Engagement für die Entwicklung einer linken Politik, die zur Änderung der Machtverhältnisse hier wie dort , in Ost und West, führt.

26.04.2010

Die Wahrheit zu: Beerdigungsminister Guttenbergs Trauerrede

Ingolstadt:  Bundesbeerdigungsminister Guttenberg hat in Anwesenheit von Klagekanzlerin Merkel und Rechtsaußenminister Westerwelle sowie dem gesamten Hofstaat der Abnicker und uniformierten Kriegsentgeisterten eine Trauerflorrede gehalten, die wir, so kündigte er an, künftig in leicht abgewandelten Unformen hören und sehen müssen, bis uns Dieses vergangen ist.


Da im Krieg ja bekanntlich die Hoffnung samt der Wahrheit nicht als Letzte stirbt, sondern als Erste, hier die Übersetzung der Trauerlitanei in Auszügen:
"Gerade erst, vor zwei Wochen, standen wir erschüttert, nun wieder, demnächst jedes Wochenende.  [Die vier Soldaten] starben nicht allein für eine zerstörte Hoffnung, sondern für die Gewissheit, den täglich anfallenden Heroinbedarf der Weltsüchtigengemeinschaft zu schützen. Auch und gerade in Afghanistan. (...)
Tod und Verwundung sind Begleiter unserer Einsätze geworden. Sie werden es auch in den nächsten Jahren sein. Und nicht nur in Afghanistan. Wir planen allüberall, wo es um Öl, Gas und Mohnfelder geht, unsere Jungs sterben zu lassen.
Unsere Zusage an die afghanischen Warlords gilt. Wir wollen diesen geschundenen Dealern helfen, ihre Mohnfelder friedlich und ungestört abzuernten. Dies dient unserer eigenen Sicherheit, denn Menschen weltweit , die drogenabhängig sind, wehren sich nicht gegen ihr Schicksal.  Wie eng wir miteinander verbandelt sind, zeigt die heutige Anwesenheit von Salmai Rassul, Außenminister von Kabuls Gemeinderat.
Es mögen im 21. Jahrhundert immer noch viele nicht hören, aber es stimmt: Dass in Afghanistan für unser Land, für dessen Menschen, also für jeden von uns, gekämpft und gestorben wird. Ich weiß zwar nicht, was an diesem Satz logisch ist, aber er klingt doch gut. Am liebsten würde ich ihn immer wiederdaherschwallen.
Ich bin Teil einer Generation, die den Satz "Mein Vater ist im Krieg gefallen" dankbar und glücklich nicht mehr aussprechen musste. Ich bin nun Kriegsminister und sorge dafür, daß die Tradition dieses Satzes wieder aufersteht und wieder Unaussprechliches geschieht.
Und es gibt Kinder, die sich nicht mehr an das Bild, die Augen, die Umarmung ihres Vaters erinnern können und vielleicht nicht einmal kannten oder kennenlernen sollten.  Wir werden dafür sorgen, daß auch aus diesen Kindern Eltern werden, die irgendwo zwischen Hindukusch, Kilimandscharo und den Anden ein kaltes Grab bekommen.
Dies zu beschreiben ist nicht Pathos, sondern erkannte Realität und Notwendigkeit. Es ist Realität und notwendig, daß unsere Jungs wieder Kanonenfutter sind und auf andere Menschen, die selbstverständlich schlecht sind, schießen.
Meine kleine Tochter, der ich meine Trauer zu erklären versuchte, fragte mich, ob die drei jungen Männer tapfere Helden seien, ob sie stolz auf sie sein dürfe. Ich habe beide Fragen, nicht politisch, sondern einfach mit ja beantwortet.  Es ist wieder an der Zeit, die eigene Tochter zu instrumentalisieren, sie anzulügen und ihr klarzumachen, daß sie, sobald gebärfähig, stolze Mutter eines Soldaten werden wird.
Ruht in Frieden, Soldaten und seid in Gottes Segen.  Das habe ich aus alten Reden der Reichswehr übernommen. Sagt nichts, aber der Gott ist auf unsrer Seite, samt Ratzinger und seiner ganzen Sekte.
Amen. Amen.
Wir singen zum Schluß das Lied:
Sag mir wo die Blumen sind....

19.04.2010

Ich hatt' einen Kameraden" - Lieder wir ablehnen, aber trotzdem kennen

Toter Soldat
Deine Feldpost im Regen der wie Feuer fällt

Toter SoldatUnd daneben der Segen der kein Wort mehr hält
(Ihre Kinder, T&M Ernst Schultz)




Nachdem jetzt  jede Maske gefallen ist, lohnt es sich einen Blick auf jenes Lied zu werfen, das eine nahezu 200-jährige Geschichte auf dem Buckel hat. Heute wird es wieder - während die "Helden" posthum einen Blechorden erhalten, von Kundus bis Berlin trompetet und in Männerchören angestimmt:
Ich hatt' einen Kameraden,
Einen bessern findst du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen:
Gilt's mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt vor meinen Füßen
Als wär's ein Stück von mir

Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad'.
"Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib du im ew'gen Leben
Mein guter Kamerad!" 



Das Goethezeitportal der LMU München hat hierzu Postkarten gesammelt, die von der regen Verbreitung des Kriegslieds zeugen:



Was aber macht dieses Lied so populär, daß es in nahezu jeder Generation eine Renaissance erfährt?


Es gibt Texte in der deutschen Kultur, die  eine bewegte Rezeptionsgeschichte haben. Wer ohne Probleme die folgenden Liedzeilen identifizieren und einem bestimmten Autor zuordnen kann, der muss für heutige Verhältnisse atypisch sozialisiert und gebildet sein: "Ich hatt einen Kameraden...."


Diese teils narzistisch anmutenden und teils martialisch gedeuteten Zeilen wurden zur Zeit des Freiheitskampfes gegen die Napoleonische Gewaltherrschaft gedichtet von Ludwig Uhland. Mit dem "Lied vom guten Kameraden" schuf er einen Text, der den Status einer hymnischen Verklärung des kriegerischen Solidaritätsgefühls in Einklang bringt mit dem Deutungspotenzial des Soldatentodes im Kampf gegen einen Feind.

130 Jahre nach der Entstehung des Uhland-Liedes haben  rund siebzehn Millionen Wehrmachtssoldaten "in gleichem Schritt und Tritt" Europa erobert und zerstört.. In der 2006 erschienenen Habilitationsschrift "Kameradschaft. Die Soldaten des nationalsozialistischen Krieges und das 20. Jahrhundert" versucht der inzwischen in Worcester (Massachusetts) lehrende Historiker Thomas Kühne, den Ursachen für die unbedingte Gehorsamsbereitschaft der deutschen Soldaten nachzuspüren.

Kühnes soziologisch-mentalitätsgeschichtliche Methodik geht dabei von der Beobachtung aus, dass:
"es im Zweiten Weltkrieg nicht einmal Ansätze kollektiven Protests oder kollektiver Verweigerung auf breiterer sozialer Basis [gab]. Der Zusammenhalt der Wehrmacht und ihre militärische Effizienz blieben bis zur Kapitulation ungebrochen."

Das ständig receycelbare Lied vom "guten Kameraden" weckt kollektive Männerträume, von einer Parallelgesellschaft ohne Frauen mit richtigen Männerfreundschaften bis über den Tod hinaus, mit einem immer wieder auswechselbaren, aber kriegerischem Ziel, das mann mit "Schritt und Tritt" erreicht.

Kühne weiter: "Kameradschaft leitete nun eine Kultur der Scham an, in der das Denken, Fühlen und Handeln in Kategorien individueller Lebensführung und persönlicher Verantwortung abgelöst war vom Diktat einer Moral, die nur erlaubte, was dem physischen Erhalt, dem sozialen Leben und dem Prestige der eigenen Gruppe dienlich war."

Wir können den Faden jederzeit wieder aufnehmen:
Erst gestern warnte Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker vor einer Fortsetzung der Debatte über den Afghanistan- Einsatz. Es sei Strategie der Taliban, die politische Entschlossenheit von Regierung und Parlament in der Heimat zu beeinträchtigen....
  • Wer nicht für den Krieg ist, ist unkameradschaftlich und in der weiteren Konsequenz, ein Vaterlandsverräter.
Und so spielt das Lied vom guten Kameraden in vielen Sprachen eine Rolle, es klingt dabei auf englisch genauso wie in italienisch, spanisch  oder sonst irgendeiner kriegsführenden Sprache:

  • In battle he was my comrade, None better I have had. The drum called us to fight, He always on my right, In step, through good and bad.
  • Io avevo un camerata / che miglior non avrò mai /una parte del mio cuore /è rimasta insieme a lui /resterai con me al mio fianco / col mio passo tu marcerai
  • Yo tenía un camarada,/ entre todos el mejor./ Siempre juntos caminábamos, / siempre juntos avanzábamos, / | al redoble del tambor.
  •  
Die einzige "linke" Version des "guten Kameraden" kommt im Übrigen von Heinz Kahlau, der 1973 daraus das Lied: Rettet Luis Corvalan machte:
Nach dem Putsch vom 11. September 1073 in Chile wurde der damalige Kommunistenführer Corvalan verhaftet, kam später aufgrund einer weltweiten Solidaritätsbewegung aber frei. Daher zum Abschluß das sehr pathetische Lied, das aber im Gegensatz zu allen anderen Versionen aber nicht beim Töten half, sondern einen Menschen rettete:
Als des Volkes Tag zu Ende
und die Junta-Nacht begann,
da erschossen sie Allende,
und in die Faschistenhände
fiel auch Luis Corvalan.
Weil er die Genossen führte
in der Unidad Popular,
Chiles Kraft und Hoffnung schürte,
das am neuen Leben spürte,
was der Sozialismus war.
Soll er nicht wie Thälmann fallen,
weil er für die Freiheit steht,
liegt sein Leben bei uns allen
muß der Ruf des Zorns erschallen
unsrer Solidarität.
Wie die Feinde es auch schänden,
Chiles neuer Tag bricht an.
Soll das Joch der Junta enden,
dann entreißt den Mörderhänden
unsern Luis Corvalan.
Quellen:
ingeb.org/Lieder/IchHattE.html
erinnerungsort.de/rettet-luis-corval-e1n-_165.html
www.goethezeitportal.de/index.php?id=3991
www.ihrekinder.com/ik/KlarText/index.htm
www.focus.de/politik/schlagzeilen?day=20100418&;;did=1278606
www.emmemm.de/chile1973/
www.hdg.de/lemo/html/biografien/KahlauHeinz/index.html

11.04.2010

Deutschland verneigt sich - Roter Mohn über Afghanistan

Deutschland verneigt sich - Roter Mohn über Afghanistan

Deutschland verneigt sich - Deutschland trauert - Nur ein Stahlhelm bleibt: So oder ähnlich sind die Überschriften gestern im deutschen Blätterwald. 


Wir sind Deutschland, wir sind im Krieg, da fallen halt Späne. Nachdem dem Dauergrinsgesicht, Kiregsminister von Guttenberg, ja als schiere Heldentat angerechnet wurde, daß er seit letzten September von "Krieg" in Afghanistan spricht, zieht jetzt die gesamte deutsche Upper-class nach und läßt Soldaten in Kundus nicht mehr tödlich verunglücken oder von Terroristen ermorden, sondern sie "fallen" jetzt im Krieg.

Auch die Bundeskanzlerin sagt es nun. Und natürlich sei "ihr Tod sinnvoll, was auf dem Spiel steht, ist gar nicht weit weg".

Der Kriegsminister schildert mit Tremolo in der Stimme und Krokodilstränen in den Augen, daß ihn seine Tochter gefragt habe, ob die drei jungen Männer Helden seien und ob sie stolz auf diese sein dürfe... und ausgerechnet (perfiderweise) am Karfreitag seien die Drei gestorben.

Fromm und christlich sind die Talibans also auch nicht.

Helden, Nationalhymne, staatlich verordnete Trauerszenarien, Stahlhelm auf den Särgen, wir-sind-Deutschland Parolen:
Das offizielle Deutschland steht stramm und bildet Spalier.

Und findet nach wie vor Sinn im Krieg, denn:
"Sie sind gestorben, weil sie Afghanistan zu einem Land ohne Terror und Angst machen wollten", so Angela Merkel in ihrer von Textschablonen  und Trivialitäten gespickten Rede.

Damit entlarvt sie das ganze Geschwätz vom Terror, von dem Deutschland bedroht ist. Denn darum geht es definitiv nicht:

Die Soldaten dort beschützen ein Land voll blühender Mohnfelder, die mittlerweile wieder (seit dem  Einmarsch der westlichen Truppen) den Heroinbedarf der ganzen Welt abdecken.

Sie stellen den Zugriff des Westens auf die Ölfelder im mittleren Osten sicher. - Die transnationalen Energieriesen wollen die gewaltigen Öl- und Gasvorkommen in Zentralasien, die nach den Reserven des Nahen Ostens die zweitgrößten der Welt darstellen, ausbeuten.

Schließlich führen Pipelines von Turkmenistan (das auf riesigen Öl-und Gasmengen sitzt)durch Afghanistan hin zum pakistanischen Hafen Gawadar.

Dafür sterben (auch) deutsche Soldaten.

Dafür  - und nur dafür - wird hier militarisiert, emotional und sprachlich aufgerüstet und das Schmierentheater der von Terror bedrohten Bundesrepublik inszeniert.

Ein deutscher Schlagerschreiber, Ralph Siegl, hat einmal, in seinen besseren Zeiten, bevor er Nicole von "ein bißchen Frieden" trällern ließ, ein Anti-Kriegslied geschrieben.  Darin heißt es:

Die Felder von Verdun die tragen keine Ähren
Dort blüht nur roter Mohn.
Die Felder von Verdun, wem immer sie gehören,
sind längst vergessen schon.

30.11.2009

SPIEGELTitel: Wann dürfen Deutsche töten?

Betrachtet man Entstehung und Eskalation eines Streites, so nimmt man am Besten ein Eskalationsmodell, das in der Regel Folgendes zeigt:

Streit entsteht - es gibt verschiedene Schlichtungsmöglichkeiten, die je nach Eskalationsstufe schwieriger und seltener werden und dann schließlich den "Point of no return". Nix geht mehr, nada.

Einer verliert, oder wie im Krieg, die Ersten sterben.
An diesen "Point of no return" werden wir in Sachen Afghanistan schnurstracks herangeführt. Eigentlich ist er schon lange überschritten, spätestens nach dem Massaker an ca. 142 Zivilisten, die man nicht mehr wegverharmlosen kann, allenfalls eine Zeitlang verleugnen,  werden auch deutsche Soldaten vermehrt gefährdet und werden vermehrt töten.

Besonders perfide ist die SPIEGEL-Titelgeschichte aufgemacht:
Wann dürfen Deutsche töten?
Heißt das:  - Wann endlich dürfen Deutsche töten?
Oder:  -  Wann ist die Schamgrenze erreicht?
Oder: -  Dürfen nur die Anderen töten? Und wir Deutschen nicht?
Oder: - Dürfen wir endlich? Bisher mussten wir ja nur leider....
Es schaudert mich. Da wird jetzt also billigend in Kauf genommen, daß getötet wird, daß unsere Kinder wieder töten und getötet werden. So führt man Kriege ein. Man tut so, als müßte man das Ganze noch überlegen, aber der Finger ist beim Stellen der Frage "Wann dürfen Deutsche töten?" bereits am Abzug.
Es braucht aber noch eine Titelgeschichte mit vorgeblichem Für-und Wieder für die endgültige moralische  Rechtfertigung, um den "Point of no return" endgültig zu überschreiten. Und dann kann die Bundeswehr tatsächlich - und das wird sie auch machen - allüberall global Krieg führen.
Mit SPIEGELS Segen.
Hier könnte jetzt das Ende sein. Aber - nicht nur als linker Mensch bin ich betroffen. Auch ganz persönlich, denn ein guter Freund einer meiner Söhne ist auf dem Weg nach Afghanistan. Und das ganz persönliche Bangen um den Jungen beginnt.

06.09.2009

Zum Schießen?

1247646947844l Lieber Kriegsminister Jung,

ich bewundere Sie. Mit welcher Nonchalance Sie in Ihren Interviews uns darüber aufklären, daß die Menschen, die in Afghanistan auf Ihren Befehl (genauer gesagt: Ihres Stellvertreters dort) starben, alles Taliban sind... die Guten wurden lediglich verletzt. Und cool sind Sie: Kein Wort des Bedauerns kommt über Ihre Lippen, die Sache ist abgehakt und business as usual ist auf Ihrer Tagesordnung.

Die Guten davongekommen, die Bösen umgebracht... eine beeindruckende Bilanz des "humanitären Einsatzes" Ihrer Armee.

Und traumwandlerisch gelingt es Ihnen, das Wort "Krieg" nicht in den Mund zu nehmen - schließlich töten Ihre Befehlsempfänger dort im Namen der Menschlichkeit und im Kampf gegen den Terror.

Aber nun mal im Ernst:

Ich bedaure den Oberst, der dort ( und ganz sicher in einer Ausnahmesituation ) nun das Bauernopfer für die deutsche Politikerkaste abgeben muss und gegen den jetzt ein deutscher Staatsanwalt ermittelt.

Selbst schuld ist er allenfalls daran, daß er sich für den Job als "Universal soldier" entschieden hat ... wie es so schön in dem guten Dillan-Lied heißt: "He is the one who must decide, who's to live and who's to die".

Der brutale Krieg, der dort in Afghanistan geführt wird und offensichtlich mittlerweile keine Grenzen mehr kennt, den haben Sie und Ihre Partei ebenso zu verantworten wie der Steinmaier und seine Partei, ja auch die früheren Pazifisten von den Grünen ( gewaltfrei - basisdemokratisch-ökologisch- sozial) kriegern ja so gerne im Namen der Menschlichkeit mit.

Man könnte ja jetzt sagen, wir werden vor dem Terror beschützt. Wir nehmen der Alkaida die Rückzugs-und Aufmarschgebiete. Fakt ist, 40% der Weltproduktion von Opium kommen aus Afghanistan. Und die Taliban und Bin Ladens wurden die letzten Jahre nicht weniger, sondern immer mehr.

Fundamentalisten in christlichen und islamischen Ländern werden mehr und gewinnnen dauernd und nachhaltig an Einfluß. Anstatt also in Afghanistan oder sonstwo worldwide rumzuschießen ist die (vermutlich) beste Antwort auf Terror die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Geisteshaltung und eine klare Non-Toleranz-Haltung gegenüber Alleswissern, Frauenfeinden, Wir-sind-im-Besitz-der-Wahrheit-Typen und Stellvertretern- welchen-Gottes-auch-immer.

Holly Near singt in ihrem Song "I ain't afraid" :

"I ain't afraid of your churches, I ain't afraid of your temples, I ain't afraid of your praying, I am afraid what you do in the name of your God."

Hierin liegt eine Antwort auf den unmenschlichen Unfug, den Gotteskrieger überall treiben... nicht im Killen von afghanischen Zivilisten.

Zum Schießen?

Mir ist das Lachen vergangen.

Forever Jung? Mein lieber Herr Kriegsminister, Sie machen mich und viele Familien forever happy, wenn Sie den Abzug Ihrer Truppen veranlassen. Möglichst bald.

In diesem Sinne

Bandit